In Bulgakows Roman herrschen wahrhaft kuriose Umstände, beschert durch die Geschichte eines Hundes. Nachdem ein Chirurg einen streunenden Hund aus der winterlichen Gosse rettet, unterzieht er ihn einer winterlichen OP, pflanzt ihm Hirnanhangdrüse und Hoden eines kurz zuvor gestorbenen Kleinkriminellen ein – und wird von der Eigendynamik der daraufhin einsetzenden kompletten Vermenschlichung beinahe überrollt.
Denn „Hund als Mensch“ ist keinesfalls Paradeexemplar eines hochentwickelten Sozialwesens namens Mensch, sondern, jedem Fortschrittsoptimismus zum Trotz, ein „pöbelnder Schuft.“ Bulgakows genialer metamorphischer Kniff diente ihm als literarische Strategie der Camouflage, die ihm im aufkeimenden stalinistischen Staatssozialismus Kritik an dessen zunehmend gewaltsam sich wandelnden Verhältnissen erlaubte. Nichtsdestotrotz wurde HUNDEHERZ erstmal vom Druck ausgeschlossen und konnte in der Sowjetunion erst 1987 veröffentlicht werden. Erschreckend hellsichtig ahnte Bulgakow die heutigen Auswüchse der Schönheitschirurgie voraus. Omnipotenz und ewige Jugend scheinen keiner Generation fremd gewesen zu sein.
In unserer Version spinnt sich eine Liebesgeschichte zweier Fremder absurd und zugleich phantastisch-melancholisch durch den Abend. Vom Aneinander-Vorbei-Leben, von unausgesprochenen Erwartungen und nicht erfüllten Wünschen erzählt sie, fast ohne Worte. Und vom Typischen: der Stereotype Mann und Frau. Und vom Ende, unserem Ende.
Was bei Bulgakow durch das gesellschaftliche, sozioökonomische Vergrößerungsglas betrachtet wird – die Verwandlung vom Tier zum Menschen ist ein großer Fehler – bleibt bei Arturas Valudskis’ Interpretation im Intimen, im Zweikampf der Geschlechter.
Begleitet von viel Musik und starken Bildern, die uns zeigen, was wir nicht aussprechen können.
Spiel: Andreas Jähnert, Pascale Staudenbauer und Yorgos Pervolarakis,
Bearbeitung und Interpretation der litauischen und russischen Lieder und des Tangos: Arturas Valudskis (präpariertes Klavier und Gesang) und Yorgos Pervolarakis (klassische Gitarre, Mundharmonika und Windmaschinen),
Komposition des Tangos: Arturas Valudskis,
Originalmusik (Komposition und Interpretation): Yorgos Pervolarakis
Regie, Konzept und Ausstattung: Arturas Valudskis
Technik / Licht: Robert Schmidjell
Premiere im Toihaus Theater: DO 11.1.18 / 20.02 Uhr – ausverkauft
Vorstellungen im Toihaus Theater
FR 12.1., SA 13.1.
FR 9.2., SA 10.2.
FR 16.2., SA 17.2. / ca. 65 min.
Pressestimmen
Im Toihaus Theater in Salzburg ist mit Arturas Valudskis WAU! der Hund los, der Mischling wohlgemerkt – mit kleinem Schuhfetisch, großen Botschaften und Anleihen an Bachtins Lachkultur. Ein geistreich schräger Abend. … Das Resultat ist ein verrückt-absurdes Tableau vivant, das Bulgakow zu Ehren gereicht. Zu Höchstformen läuft dieses karnevalske Treiben im Sinne der Bachtin’schen Lachkultur mit dem emotionalen Pilzvortrag und den geliehenen Armen auf. … what I saw from the cheap seats / Veronika Zangl
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